Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen. Sommer, 30 Grad, das Geschäft lief richtig gut. Ich war überzeugt, ich hätte endlich alles im Griff. Neue Aufträge, volle Pipeline – und ich dachte: Jetzt investier ich mal richtig.
Ich nahm einen größeren Kredit auf, um mein Business „zu skalieren“. Klingt professionell, oder? Tja… war’s nicht. Es war mein teuerster Fehler.
Der Plan: Wachstum um jeden Preis
Ich wollte expandieren. Neue Technik, neue Mitarbeiter, ein größeres Büro. Ich sah mich schon in der Chefrolle, mit Latte Macchiato in der Hand und einem wachsenden Team. Die Bank war begeistert, der Kredit schnell genehmigt.
Aber ich hatte eines übersehen: Umsatz ist nicht gleich Liquidität. Ich hatte zwar viele Aufträge – aber die Zahlungen kamen erst Monate später. In der Zwischenzeit lief der Kredit schon.
Das Ergebnis: Ich saß plötzlich auf einem Berg aus Fixkosten und einer Liquidität, die schneller verdunstete als mein Kaffee.
Der Tiefpunkt
Ich weiß noch, wie ich eines Morgens die Online-Banking-App öffnete – und da stand ein dicker roter Minuswert. Das war der Moment, in dem ich realisierte, dass ich nicht „investiert“ hatte, sondern mich übernommen.
Ich hab in dieser Zeit wenig geschlafen, ehrlich. Ich war wütend auf mich selbst. Aber im Nachhinein war das genau der Schub, den ich gebraucht habe, um endlich professionell mit meinen Finanzen umzugehen.
Die Wende
Ich sprach offen darüber – mit meinem Steuerberater, mit Freunden, sogar online in einem Gründerforum. Zu meiner Überraschung wurde ich nicht belächelt, sondern bekam Zuspruch. Viele kannten dieses Problem.
Einer schrieb mir damals:
„Du bist nicht gescheitert. Du hast einfach zu früh aufs Gas gedrückt.“
Das hat gesessen. Und er hatte recht. Ich hatte nicht die Kontrolle verloren, ich hatte sie einfach nie wirklich gehabt.
Was ich daraus gelernt habe
- Kredite sind Werkzeuge, keine Wundermittel.
- Wachstum ist nur dann gut, wenn es tragfähig ist.
- Ehrlichkeit bringt weiter als Perfektion.
Seitdem habe ich kein Problem mehr, über Fehler zu sprechen. Sie gehören zu meiner Selbstständigkeit genauso wie die Erfolge.
Heute bin ich dankbar für diesen Absturz. Ohne ihn hätte ich nie angefangen, meine Finanzen zu strukturieren, Rücklagen zu bilden und realistisch zu planen.
Ich bin kein perfekter Unternehmer – aber ein echter. Und das zählt.