IT-Freelancer und keine Kredite? Mein Test mit der Targobank (Spoiler: Es geht doch!)

Eigentlich sollte man meinen, als Softwareentwickler lebt man wie die Made im Speck. Stundensätze jenseits der 90 Euro, Projekte ohne Ende und man kann arbeiten, wo man will. Soweit die Theorie.
Die Praxis sah bei mir letzte Woche so aus: Das Finanzamt schickte einen dieser grauen Briefe. Ihr kennt das Gefühl, wenn man den Briefkasten öffnet und schon am Umschlag sieht: „Das wird teuer“. Es war die Einkommensteuervorauszahlung für das nächste Jahr, plus eine saftige Nachzahlung für das letzte Jahr, weil ich anscheinend „zu gut“ gewirtschaftet habe. Summe: 22.000 Euro. Zahlbar in 4 Wochen.
Mein Problem? Mein Geld steckt gerade in einem riesigen Projekt, das erst nach Abschluss („Milestone 3“) bezahlt wird. Auf dem Geschäftskonto waren noch 8.000 Euro. Autsch.

Ich brauchte also eine Zwischenfinanzierung. Schnell. Und ohne dass ich meine Seele verkaufen muss. Ich habe mich für die Targobank entschieden. Warum? Weil ich gehört hatte, dass die – anders als meine alte Sparkasse – auch „Freiberufler“ verstehen, die keine Maschinenhalle als Sicherheit haben, sondern nur ihren Kopf und einen Laptop.

Der „Wie für mich gemacht“-Kredit: Marketing oder Realität?

Ich bin immer skeptisch bei Bankwerbung. Aber die Targobank wirbt explizit damit, auch Kredite an Selbstständige zu vergeben. Also habe ich den Test gemacht.

Die Voraussetzungen: Was wollte die Bank von mir?

Als ITler bin ich es gewohnt, alles digital zu machen. Die Targobank bietet zwar Online-Anträge an, aber ich wollte wissen, ob ich das auch mit einem echten Menschen klären kann, falls es hakt.
Die Hürden waren höher als bei Auxmoney (über die ich letztes Mal schrieb), aber machbar.

Sie wollten sehen:

  1. Einkommensteuerbescheide der letzten zwei (!) Jahre. (Hier wird’s für Gründer unter 2 Jahren schwierig).
  2. Eine aktuelle BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung) vom Steuerberater.
  3. Nachweis, dass ich keine Schulden beim Finanzamt habe (ironisch, oder? Ich nehme den Kredit ja genau dafür auf).

Der Knackpunkt: Sie checken deine Branche. Als IT-Freelancer wurde ich in eine „risikoarme“ Gruppe eingestuft. Glück gehabt. Ein Freund von mir, der Eventtechniker ist, hatte es da deutlich schwerer.

Der Antragsprozess: Zäh, aber gründlich

Ich habe den Antrag online gestartet. Die Eingabemaske ist okay, aber man merkt, dass da im Hintergrund noch alte Bankstrukturen arbeiten. Nach dem Absenden rief mich am nächsten Tag eine Beraterin an.
Sie war freundlich, aber sie hat Fragen gestellt, die zeigen, dass Banken unsere Arbeitswelt immer noch nicht ganz kapieren.

„Warum schwanken Ihre Einnahmen im August so stark?“
„Weil ich da im Urlaub war und nicht code?“
„Ach so. Das muss ich vermerken.“

Die Konditionen

Hier hat die Targobank gepunktet. Weil ich gute Steuerbescheide vorlegen konnte, bekam ich einen Zinssatz von 5,9 %. Das ist für einen Selbstständigen-Kredit ohne dingliche Sicherheiten (wie ein Haus oder Auto) in der aktuellen Zinsphase echt fair.
Laufzeit: 48 Monate.Sondertilgun
g: Jederzeit möglich (das war mir wichtig, sobald das Projektgeld da ist, will ich den Kredit ablösen).

Wann war das Geld da?

Hier müsst ihr Geduld haben.

  • Tag 1: Online-Anfrage.
  • Tag 2: Telefonat und Nachforderung von Unterlagen (BWA musste aktueller sein).
  • Tag 3: Ich habe alles per Mail geschickt.
  • Tag 5: Finale Zusage per Post (!) und im Online-Banking.
  • Tag 7: Geld auf dem Konto.

Eine Woche. Für eine klassische Bank ist das okay, aber wenn das Finanzamt schon mit dem Kuckuck droht, wird man nervös.

Mein Fazit als IT-Freelancer

Die Targobank ist eine solide Option für uns „Kopfarbeiter“, wenn wir:

  1. Schon länger als 2 Jahre am Markt sind.
  2. Unsere Steuerbescheide sauber abgeheftet haben.
  3. Nicht „gestern“ das Geld brauchen, sondern eine Woche Zeit haben.

Der Zins ist meist besser als bei den schnellen Online-Anbietern, aber der Papierkram ist definitiv mehr. Für meine Steuernachzahlung hat es gereicht. Ich habe das Geld überwiesen, das Finanzamt ist ruhig, und ich kann mich wieder auf meinen Code konzentrieren.

Pro-Tipp: Wenn ihr wisst, dass eine fette Steuernachzahlung kommt, beantragt den Kredit bevor der Bescheid rechtskräftig fällig ist. Es sieht bei der Bank immer besser aus, wenn man Liquidität „zur Vorsorge“ aufnimmt, als wenn man sagt „Ich muss Schulden bezahlen“.
Wie finanziert ihr eure Steuer-Engpässe? Habt ihr ein extra Rücklagenkonto oder seid ihr auch schon mal kalt erwischt worden?

Code on, Euer Alex