„Hilfe, die Bank hat mir gekündigt!“ – Warum dein privates Girokonto eine tickende Zeitbombe ist (und welche Alternativen nix kosten)
Heute müssen wir mal über ein Thema reden, das super unsexy ist, aber euch den Hintern retten kann. Es geht um euer Konto.
Hand aufs Herz: Wer von euch nutzt sein privates Girokonto (das, wo auch die Miete abgeht und Netflix bezahlt wird) auch für seine geschäftlichen Einnahmen?
Traut euch ruhig, die Hand zu heben. Ich sehe euch zwar nicht, aber ich wette, es sind einige.
Ich habe das die ersten zwei Jahre meiner Selbstständigkeit auch so gemacht. „Ach,“ dachte ich mir, „warum soll ich der Sparkasse 12 Euro im Monat für ein Geschäftskonto in den Rachen werfen, wenn mein normales Girokonto kostenlos ist?“
Die Quittung kam an einem verregneten Dienstag per Post. Ein Brief meiner Bank. Inhalt: Fristgerechte Kündigung der Geschäftsbeziehung.
Bamm.
Der Grund? Verstoß gegen die AGB. Die meisten Banken verbieten nämlich die gewerbliche Nutzung von Privatkonten. Und wenn der Algorithmus merkt, dass da 50 Überweisungen im Monat reinkommen und Absender wie „GmbH“ oder Verwendungszwecke wie „Rechnungsnummer 2023-01“ auftauchen, schlägt er Alarm.
Warum ihr das sofort ändern solltet und wo ihr hinwechseln könnt (auch kostenlos!), das erkläre ich euch jetzt.
Warum die Trennung für deinen Kreditantrag überlebenswichtig ist
Bevor wir zu den Anbietern kommen, kurz der Bezug zu unserem Blog-Thema Kredite.
Stellt euch vor, ihr seid Bankberater. Ein Kunde will 20.000 Euro Kredit. Er legt euch Kontoauszüge vor.
Darin:
- Aldi-Einkauf: 45,90 €
- Kunde Müller Zahlungseingang: 500,00 €
- Zalando-Retoure: +29,90 €
- Finanzamt Vorauszahlung: 1.200 €
- Kneipenabend: 67,00 €
Das ist Chaos. Der Banker kann überhaupt nicht sehen, ob dein Business profitabel ist, weil sich deine privaten Sünden mit deinen geschäftlichen Erfolgen vermischen.
Eine saubere Trennung (Konto A für Business, Konto B für Privat) ist der erste Schritt zur Professionalität. Ohne das gibt es meistens keinen Kredit. Punkt.
Die Alte Schule vs. Die „Neuen Wilden“ (Fintechs)
Als ich damals rausgeschmissen wurde, musste ich schnell was Neues finden. Grundsätzlich habt ihr zwei Optionen:
1. Die klassische Filialbank (Sparkasse, Volksbank, Commerzbank, Deutsche Bank)
- Vorteil: Ihr habt einen Ansprechpartner. Wenn ihr Bargeld einzahlen müsst (z.B. als Gastronom oder Handwerker), gibt es Automaten.
- Nachteil: Teuer! 10 bis 15 Euro Grundgebühr sind normal. Dazu kosten oft die „buchungsposten“ extra (jede Überweisung 20 Cent). Das läppert sich.
- Für wen? Für alle, die viel Bargeldverkehr haben oder komplexe Finanzierungen planen, wo man dem Berater in die Augen schauen muss.
2. Die Fintechs / Direktbanken (N26, Kontist, FYRST, Holvi, Qonto)
- Vorteil: Oft keine Grundgebühr (in der Basis-Version). Super Apps. Buchhaltung oft integriert (Beleg scannen und direkt an Datev schicken).
- Nachteil: Kein Bargeld (oder nur umständlich über Supermarktkassen). Support oft nur per Chat.
- Für wen? Für Freelancer, Online-Unternehmer und Dienstleister wie mich, die alles digital machen.
Meine Erfahrungen: Wer taugt was?
Ich habe in den letzten Jahren ein bisschen „Bank-Hopping“ betrieben und kann euch meine subjektive Meinung zu ein paar Playern geben:
- N26 Business:Der Klassiker. Nutze ich aktuell als Zweitkonto.
- Pro: Kostenloses Standard-Konto. Super App. 0,1% Cashback auf Einkäufe mit der Mastercard.
- Contra: Der Support ist… naja, sagen wir mal „ausbaufähig“. Wenn es brennt, erreicht man schwer jemanden.
- FYRST:Das ist ein Ableger der Postbank/Deutsche Bank.
- Pro: Es ist ein Fintech, hat aber die seriöse Bank im Rücken. Man kann sogar (vergünstigt) Bargeld bei der Postbank einzahlen.
- Contra: Die Eröffnung hat bei mir etwas länger gedauert als bei den reinen App-Banken.
- Kontist:Speziell für Selbstständige gebaut.
- Pro: Das Feature mit der automatischen Steuer-Rücklage ist genial! Jedes Mal, wenn Geld reinkommt, schiebt Kontist automatisch die Umsatzsteuer auf ein Unterkonto. So gibts kein böses Erwachen.
- Contra: In der kostenlosen Version sehr abgespeckt, die coolen Features kosten monatlich Geld.
Mein wichtigster Tipp: Das Steuermodell mit Unterkonten
Egal für welche Bank ihr euch entscheidet, achtet auf eines: Unterkonten (bei N26 heißen die „Spaces“, bei anderen „Pockets“).
Warum?
Das größte Risiko für uns Selbstständige ist nicht, dass keine Aufträge reinkommen. Das größte Risiko ist, dass wir das Geld vom Finanzamt ausgeben, weil wir denken, es gehört uns.
Wenn ich 1.190 Euro Rechnung stelle, gehören 190 Euro dem Staat (Umsatzsteuer) und von den 1.000 Euro bestimmt nochmal 300 Euro für die Einkommensteuer.
Ich mache es so:
Sobald eine Rechnung bezahlt wird, schiebe ich sofort 40% der Summe auf ein Unterkonto namens „Finanzamt“.
Dieses Geld existiert für mich nicht. Ich fasse es nicht an.
Wenn dann der Steuerbescheid kommt, überweise ich es grinsend vom Unterkonto. Das schläft sich so viel ruhiger, glaubt mir.
Mach es gleich richtig
Wenn du noch mit deinem Privatkonto rumwurschtelst: Hör auf damit. Jetzt.
Eröffne dir am Wochenende ein kostenloses Geschäftskonto (N26 oder FYRST reichen für den Anfang völlig).
Zieh alle Lastschriften um. Informiere deine Kunden über die neue IBAN.
Es ist einmalig 2 Stunden Arbeit, aber es rettet dich vor Kündigungen und lässt dich bei Kreditanfragen wie ein Profi aussehen. Und ganz ehrlich: Nichts ist peinlicher, als wenn der Kunde auf ein Konto überweist, dessen Inhaber „Mäuschen85“ ist (alles schon gesehen!).
Welches Konto nutzt ihr? Seid ihr Team „Filiale“ oder Team „App“? Schreibt’s mir in die Kommentare, vielleicht entdecke ich ja noch einen Geheimtipp durch euch.