Wenn morgens um halb sieben die Lieferwagen durch die Straßen rollen und die ersten Bohrmaschinen aufheulen, dann beginnt der Tag für Millionen Handwerker in Deutschland.
Es ist ein Berufszweig, der auf Verlässlichkeit, Können und Praxisstolz baut – und trotzdem längst mitten in einem strukturellen Wandel steckt.
Materialkosten steigen, Fachkräfte fehlen, Digitalisierung zieht ein – und viele Betriebe müssen investieren, um überhaupt Schritt zu halten.
Doch woher kommt das Geld, wenn die Auftragsbücher voll sind, die Liquidität aber knapp bleibt?
1. Der Finanzierungsdruck wächst
Handwerksbetriebe arbeiten traditionell mit geringen Margen, aber hohen Vorleistungen.
Ob Tischlerei, Elektrobetrieb oder Heizungsbauer – fast überall gilt: Die Materialien müssen bezahlt werden, bevor der Kunde überweist.
„Unsere größten Engpässe entstehen nicht wegen mangelnder Arbeit, sondern wegen zu später Zahlungen“, sagt Jens Martens, Inhaber eines Sanitärbetriebs in der Nähe von Hannover.
„Gerade wenn man wächst, fressen Vorfinanzierungen das Eigenkapital auf.“
Laut ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks) nehmen über 60 % der Betriebe regelmäßig Kredite oder Kontokorrentlinien in Anspruch.
2. Klassische Finanzierungen und moderne Alternativen
| Finanzierungsart | Typischer Einsatz | Betrag (Ø) | Laufzeit |
|---|---|---|---|
| Investitionskredit | Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge | 25.000 – 250.000 € | 5–10 Jahre |
| Betriebsmittelkredit / Kontokorrent | Material, Personal, Zwischenfinanzierung | 10.000 – 150.000 € | variabel |
| Leasing / Mietkauf | Transporter, Baugeräte | 5.000 – 100.000 € | 2–6 Jahre |
| Factoring | Rechnungsverkauf für Liquidität | bis 500.000 € | sofort |
Die meisten Handwerker arbeiten mit Hausbanken, häufig Volksbanken, Sparkassen oder der Deutschen Bank.
Doch zunehmend drängen digitale Anbieter wie Finom, iwoca oder Funding Circle in den Markt – mit schnellen Online-Krediten und vereinfachten Antragsprozessen.
3. Förderprogramme und staatliche Unterstützung
Handwerksbetriebe profitieren stark von Förderkrediten, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Energieeffizienz und Fahrzeugumstellung.
Relevante Programme sind:
- KfW-Programm 067 „ERP-Gründerkredit“ – für Betriebserweiterung oder Maschinenkauf
- KfW-Energieeffizienzprogramm 278 – z. B. für Photovoltaik und Wärmepumpen
- Landesförderbanken (z. B. LfA Bayern, NRW.Bank, SAB Sachsen) – Zuschüsse für Handwerksmodernisierung
Diese Förderdarlehen werden über die Hausbank beantragt und bieten oft Zinsen zwischen 2,5 und 4,0 % – also deutlich günstiger als klassische Geschäftskredite.
4. Zwischen Tradition und Zukunft
Viele Handwerksbetriebe befinden sich im Spannungsfeld zwischen traditioneller Unternehmensführung und digitaler Transformation.
Immer mehr Betriebe investieren in:
- digitale Angebots- und Abrechnungssysteme,
- smarte Werkstatttechnik,
- E-Fahrzeuge für den Servicebereich,
- Schulungen zur Mitarbeiterbindung.
Diese Investitionen sind nötig – aber teuer.
„Früher habe ich mir über Software keine Gedanken gemacht. Heute kostet die jährliche Lizenz fast so viel wie ein Werkzeugschrank“, sagt Martens mit einem Lächeln.
5. Bankenlandschaft: Wer finanziert das Handwerk?
Laut einer Studie des IfM Bonn (2024) sind drei Bankengruppen die wichtigsten Partner des Handwerks:
- Volks- und Raiffeisenbanken – regional verankert, stark im persönlichen Kreditgeschäft.
- Sparkassen – Marktführer bei Betriebsmittelkrediten unter 250.000 €.
- Commerzbank / Deutsche Bank – für größere Handwerksbetriebe mit mehreren Standorten.
Neu dazu kommen digitale Anbieter wie Finom, iwoca oder auxmoney business, die schnell, unbürokratisch und datengetrieben arbeiten – oft ohne persönliche Beratung, aber mit sofortiger Liquidität.
6. Herausforderungen: Nachfolge und Eigenkapital
Besonders brisant ist das Thema Betriebsnachfolge.
Laut Handwerkskammern stehen in den nächsten fünf Jahren rund 125.000 Betriebe vor einem Generationenwechsel.
Für Banken bedeutet das: Bewertung, Risikoanalyse und Investitionsbedarf steigen.
Viele Übergaben werden mit Kombikrediten aus KfW-Mitteln und Hausbankdarlehen finanziert.
Die durchschnittliche Finanzierungssumme liegt bei 200.000 bis 500.000 Euro, inklusive Modernisierung.
Meine Zusammenfassung…
Das deutsche Handwerk ist wirtschaftlich solide, aber finanziell stark gefordert.
Wer wachsen, digitalisieren oder nachfolgen will, braucht Kapital – und das in einer Phase, in der Zinsen wieder eine Rolle spielen.
Handwerker sind keine Hochrisiko-Kunden, sondern verlässliche Kreditnehmer mit klaren Geschäftsmodellen.
Ihre Herausforderung liegt nicht in der Bonität, sondern in der Planung der Liquidität zwischen Auftrag, Zahlung und Investition.
Die Zukunft des Handwerks wird nicht nur in Werkstätten, sondern auch in Bankgesprächen entschieden. ?