Das deutsche Handwerk gilt als einer der wichtigsten Wirtschaftspfeiler: über 1 Million Betriebe, mehr als 5 Millionen Beschäftigte und ein Jahresumsatz von knapp 700 Milliarden Euro.
Vom Elektriker bis zum Bäcker, vom Installateur bis zum Maler – sie sorgen für Stabilität, Qualität und lokale Wertschöpfung.
Doch während die Auftragsbücher vieler Handwerksbetriebe voll sind, hapert es oft an der Finanzierung – gerade bei Investitionen, Modernisierung oder Betriebserweiterung.
1. Die Finanzstruktur des Handwerks
Handwerksbetriebe sind meist kleine bis mittlere Unternehmen (KMU), häufig familiengeführt.
Typisch:
- stabile Kundenbeziehungen, aber hohe Vorleistungskosten
- Investitionsbedarf in Maschinen, Fahrzeuge und Energieeffizienz
- Abhängigkeit von saisonalen Schwankungen
Zwar gelten Handwerker als verlässliche Kreditnehmer, doch ihr Einkommen variiert mit Materialpreisen und Auftragseingang – ein Problem für Banken, die feste Kalkulationen bevorzugen.
2. Typische Finanzierungsanlässe
Anlass | Beschreibung | Kredithöhe (Ø) |
---|---|---|
Betriebserweiterung | neue Mitarbeiter, zusätzliche Maschinen | 50.000–250.000 € |
Modernisierung | Werkstattumbau, Digitalisierung | 30.000–150.000 € |
Fahrzeugflotte | Transporter, Spezialfahrzeuge | 20.000–80.000 € |
Liquiditätskredit | Überbrückung von Zahlungszielen | 10.000–50.000 € |
Nachfolge / Übernahme | Generationswechsel oder Kauf eines Betriebs | 100.000–500.000 € |
Gerade im Zuge der Energiewende steigen Investitionen – etwa in Photovoltaikanlagen oder energieeffiziente Werkstätten.
3. Welche Banken besonders handwerksnah sind
? Sparkassen & Volksbanken
Nach wie vor die erste Adresse für Handwerksbetriebe.
Dank regionaler Präsenz kennen die Berater lokale Märkte und unterstützen bei KfW- und Landesförderprogrammen (z. B. SAB, L-Bank, NRW.Bank).
Besonderheit: persönliche Ansprechpartner und Kombination von Betriebsmittelkredit + Förderdarlehen.
? Commerzbank & HypoVereinsbank
Etabliert bei mittelständischen Betrieben mit größerem Finanzbedarf.
Bieten strukturierte Investitionsdarlehen, Leasinglösungen und Liquiditätslinien mit Zinskonditionen zwischen 5–7 % effektiv.
? GLS Bank & EthikBank
Interessant für nachhaltige Handwerksbetriebe (z. B. energieeffizientes Bauen, ökologische Materialien).
Beide Banken prüfen Projekte nach ESG-Kriterien und bieten Förderberatung – allerdings mit höheren Ansprüchen an Nachhaltigkeit und Dokumentation.
? Onlineplattformen (z. B. smava, auxmoney, iwoca)
Für kleinere Betriebe mit schnellem Kapitalbedarf eine pragmatische Lösung.
Digitale Anbieter vergeben Kredite meist ohne Filialtermin, prüfen Umsatzdaten statt Bilanzen und entscheiden oft innerhalb von 48 Stunden.
4. Förderprogramme für das Handwerk
Bund und Länder unterstützen das Handwerk mit zahlreichen Förderinstrumenten.
Wichtige Programme:
- KfW-Unternehmerkredit (037 / 047) – bis 25 Mio. €, Laufzeit bis 20 Jahre
- ERP-Gründerkredit Universell (075) – ideal für Nachfolger oder Erweiterungen
- Landesförderbanken (z. B. SAB Sachsen, LfA Bayern, NRW.Bank)
- BAFA-Zuschüsse für Energieeffizienzmaßnahmen
Viele Handwerkskammern bieten dazu eigene Beratungsstellen, die Kredit- und Fördermittel kombinieren – ein großer Vorteil gegenüber Standardbanken.
5. Zinsvergleich und aktuelle Marktlage (Stand: Herbst 2025)
Anbieter | Zinsspanne (effektiv) | Laufzeit | Besonderheit |
---|---|---|---|
Sparkasse / Volksbank | 5,0–7,0 % | bis 10 Jahre | regionale Beratung |
Commerzbank | 5,3–7,5 % | bis 15 Jahre | strukturierte Finanzierung |
DKB | 5,2–6,5 % | bis 10 Jahre | digital, förderfähig |
GLS Bank | 5,8–7,2 % | bis 12 Jahre | nachhaltige Projekte |
smava / iwoca | 6,0–9,5 % | 1–6 Jahre | schnelle Online-Zusage |
Zinsentscheidend sind Bonität, Sicherheiten und Geschäftskennzahlen (z. B. Eigenkapitalquote, Auftragsbestand, Materialkostenanteil).
Handwerksbetriebe stehen solide da – aber sie brauchen Finanzpartner, die die Sprache der Werkstatt verstehen.
Die besten Ergebnisse erzielen meist Kombinationen:
- lokale Bank für Grundfinanzierung
- Förderbank für Zinsvorteile
- digitale Anbieter für kurzfristige Liquidität
Mein Tipp:
Handwerksmeister sollten ihre Finanzierung so planen wie ein gutes Projekt: Schritt für Schritt, mit klarer Kalkulation – und mehreren Partnern, statt alles auf eine Karte zu setzen.
Kurz gesagt:
Das Handwerk liefert – jetzt müssen die Banken lernen, mitzuliefern. ?